Fayzen – Am Leben (Chakeram) Papa kam aus dem Iran mit 20 Mark Mama verliebte sich in ihn am Telefonapperat Mama flog ihm nach hierher mit 19 5000 km übers Schwarze Meer Die Grindelallee, ein Ehemann und ein Ehering Wie man sich wohl fühlt, wenn Freunde nicht mehr in der Nähe sind Ein Jahr später ist in ihrem Bauch ein Baby drin Chakeram, danke, dass ich am Leben bin. Ein Mann und eine Frau halten mich im Arm Geben ihrem Kind, was ihre Mama ihnen nicht gab Mama trägt ein Kopftuch Mama schiebt mich durch den Stadtpark Sie ist es nicht gewohnt, wenn ein fremder Mann sie anstarrt Mama vermisst Oma, wir zwei besuchen sie in Teheran Wir dürfen nicht wieder zurück neun Monate später Wir beide fliehen nach Deutschland Mama kommt in den Knast Mama kommt wieder nach Haus und sie kriegt den Pass Papa studiert und er hat drei Jobs Manchmal wird man wach, wenn er nachts nach Hause kommt Mama schläft und er legt sich daneben Chakeram, danke, dass ich am Leben bin. Papa demonstriert, denn in Jugoslawien rollen Panzer Die Möbel die wir hatten, hat jetzt alle das Finanzamt Doch er sagt, er schafft das, einen neuen Anfang Wir ziehen aus dem Ghetto, wir haben neue Nachbarn Bis jetzt hab ich geglaubt, ich werd sie immer bei mir haben Doch das war nur ein Traum, ich muss in den Kindergarten So viele fremde Kinder in so kurzer Zeit, doch ich hab Tricks Denn Papa brachte mir Fußball spielen und Mama brachte mir Murmeln bei Ich erinnere mich, das erste Mal von den Eltern weg Ein Knirps der auf dem Schulhof die große, weite Welt entdeckt Ich wollte hier nicht sein, ich hab gedacht, ich überleb's nicht Plötzlich hüpfe ich hier herum, Wer hätte das gedacht: mir fehlt nichts Sie haben mich hier gelassen, wo die beiden jetzt auch sind Irgendwas von ihnen bleibt scheinbar in mir drin Immer weiter in mir drin, auch wenn sie nicht in meiner Nähe sind Chakeram, danke, dass ich am Leben bin. Wo immer sie auch hingehen, sie bleiben. Eigentlich brauche ich mich an euch nicht zu erinnern. Denn ihr seid das Gedächtnis.