ELEKTRA
Orest!
Orest! Orest! Orest!
Es rührt sich niemand!
O laß deine Augen mich sehn, Traumbild,
Mir geschenktes Traumbild,
Schöner als alle Träume!
Hehres, unbegreitliches,
Erhabenes Gesicht,
O bleib' bei mir!
Lös' nicht in Luft dich auf,
Vergeh' mir nicht, es sei denn,
Daß ich jetzt gleich
Sterben muß und du dich anzeigst
Und mich holen kommst: dann sterbe ich
Seliger als ich gelebt!
Orest! Orest!
Nein, du sollst mich nicht umarmen!
Tritt weg, ich schäme mich vor dir.
Ich weiß nicht,
Wie du mich ansiehst.
Ich bin nur mehr der Leichnam deiner Schwester,
Mein armes Kind!
Ich weiß, es schaudert dich vor mir,
Und war doch eines Königs Tochter!
Ich glaube, ich war schön:
Wenn ich die Lampe ausblies vor meinem Spiegel,
Fühlt' ich es mit keuschem Schauer.
Ich fühlt' es, wie der dünne Strahl des Mondes
In meines Körpers weißer Nacktheit badete,
So wie in einem Weiher,
Und mein Haar war solches Haar,
Vor dem die Männer zittern,
Dies Haar, versträhnt, beschmutzt, erniedrigt.
Verstehst du's, Bruder?
Ich habe alles, was ich war, hingeben müssen.
Meine Scham hab' ich geopfert,
Die Scham, die süßer als alles ist,
Die Scham, die wie der Silberdunst,
Der milchige, des Monds um jedes Weib
Herum ist und das Gräßliche von ihr
Und ihrer Seele weghält.
Verstehst du's, Bruder?
Diesen süßen Schauder hab' ich dem Vater
Opfern müssen.
Meinst du, wenn ich an meinem Leib mich freute,
Drangen seine Seufzer,
Drang nicht sein Stöhnen an mein Bette?
Eifersüchtig sind die Toten:
Und er schickte mir den Haß,
Den hohläugigen Haß als Bräutigam.
So bin ich eine Prophetin immerfort gewesen
Und habe nichts hervorgebracht aus mir
Und meinem Leib als Flüche und Verzweiflung!
Was schaust du ängstlich um dich?
Sprich zu mir! sprich doch!
Du zitterst ja am ganzen Leib?
OREST
Laß zittern diesen Leib!
Er ahnt, welchen Weg ich ihn führe.
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